Dieser Beitrag wird biosaxony freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Maikowski & Ninnemann.
Am 15. April 2013 werden als Ergebnis des „Raising the Bar“ Acts zahlreiche Änderungen des australischen Patentrechts in Kraft treten. Einige dieser Änderungen können für Patentanmelder von Nachteil sein. Insbesondere wird das Prüfungsverfahren durch Einführung erhöhter Anforderungen an Patentanmeldungen deutlich komplizierter.
Im Folgenden sollen Änderungen, die sich nachteilig für Patentanmelder auswirken können, kurz zusammengefasst werden und es sollen kurze Hinweise gegeben werden, wie Patentanmelder die Nachteile vermeiden können.
Prüfung der erfinderischen Tätigkeit
Der Umfang des für die Prüfung relevanten Standes der Technik wird größer. Die zwei hauptsächlichen Änderungen in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit sind dabei folgende:
Gegenwärtig wird nur das allgemeingültige Wissen in Australien für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt. Nach Inkrafttreten der Änderungen muss auch allgemeingültiges Wissen von überall auf der Welt berücksichtigt werden.
Gegenwärtig darf nur Stand der Technik bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt werden, der vom Fachmann anerkannt, verstanden und als relevant eingestuft wurde. Durch die Reformen werden diese Beschränkungen aufgehoben und zukünftig sämtlicher Stand der Technik bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt.
Durch diese Rechtsänderungen ist mit erhöhten Schwierigkeiten und Anstrengungen zu rechnen, um Einwendungen des Prüfers oder von Einsprechenden, die auf fehlende erfinderische Tätigkeit gestützt sind, auszuräumen.
Gegenwärtig beträgt die Frist vom Erlass des ersten Prüfungsbescheides bis zum Erlass der Mitteilung über die Annahme der Patentanmeldung (Notice of Acceptance) 21 Monate. Diese Frist wird auf 12 Monate verkürzt.
Die Rechtsänderung führt ein neues Nützlichkeits-Erfordernis ein, das auf den Richtlinien des US-Patentamtes beruht. Das Patentamt fordert damit, dass einer Erfindung eine spezifische Nützlichkeit („specific utility“) für irgendeinen bestimmten Zweck zukommen muss, die für einen Fachmann glaubhaft („creditable“) sein muss. Die Beschreibung einer Patentanmeldung muss nun eine spezifische („specific“), wirkliche („substantial“) und glaubhafte („creditable“) Nützlichkeit für die beanspruchte Erfindung offenbaren. Damit soll eine stärkere Prüfung der Nützlichkeit der Erfindung erfolgen und gleichzeitig verhindert werden, dass Erfindungen beansprucht werden, für die noch weitere experimentelle Tätigkeiten nötig sind, um in die Praxis umgesetzt zu werden. Diese Änderung betrifft insbesondere Erfindungen, die bestimmte Gene und deren Funktion betreffen, und andere Patentanmeldungen im Bereich Life Sciences.
Bislang war es möglich, die Erteilung von Patenten in Australien auf Basis von ausländischen Patenten zu beantragen, die z. B. in den USA, Neuseeland, Kanada oder vom Europäischen Patentamt für die gleiche Erfindung in englischer Sprache erteilten wurden. Dazu mussten die Beschreibung, Patentansprüche und gegebenenfalls Zeichnungen der australischen Patentanmeldung in exakte Übereinstimmung mit den Dokumenten des ausländischen Patents gebracht werden, das der modifizierten Prüfung zugrunde lag. Zudem konnten Patentanmelder beim Patentamt in Australien einen Aufschub des Beginns der sachlichen Prüfung beantragen. Sowohl Anträge auf modifizierte Prüfung als auch auf Prüfungsaufschub werden nach Inkrafttreten der Gesetzesänderungen nicht mehr möglich sein.
Patentanmelder in Australien konnten bisher eine Erfindung durch Bezugnahme auf die Beschreibung und die Zeichnung in den Ansprüchen (sogenannte „Omnibus“-Ansprüche) definieren. Wegen mangelnder Klarheit werden solche Ansprüche nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung nicht mehr gewährbar sein. Ausnahmen bleiben nur bestehen in Fällen, in denen die Erfindung ausschließlich durch Bezugnahme auf ein spezifisches Detail in der Beschreibung definiert werden kann. Diese Praxis ähnelt dem europäischen Patentrecht.
Patentanmelder können in Australien den Aufschub der Patenterteilung (Erlass der „Notice of Acceptance“) beantragen. Diese Möglichkeit wird auch weiterhin bestehen, jedoch liegt es in der Entscheidung des Kommissars des Australischen Patentamts, ob diesem Antrag stattgegeben wird oder nicht. Der Kommissar hat außerdem die Entscheidungsfreiheit darüber, die Erteilung einer Patentanmeldung zu verschieben, auch wenn der Anmelder dies nicht beantragt hat.
Weitere Änderungen, die u.a. die Ausführbarkeit der Erfindung, die Stützung der Patentansprüche durch die Beschreibung sowie unzulässige Erweiterungen betreffen, führen zu einer Angleichung an die Regelungen des europäischen Patentrechts.
Die Rechtsänderungen betreffen nicht nur Patentanmeldungen, die an oder nach dem 15. April 2013 angemeldet worden sind, sondern auch existierende Patentanmeldungen, die vor dem 15. April 2013 eingereicht worden sind, für die aber ein Prüfungsantrag erst am oder nach dem 15. April 2013 gestellt werden muss.
Vor Inkrafttreten der Änderungen des Patenrechts in Australien können verschiedene Handlungen vorgenommen werden, um mögliche negative Auswirkungen zu vermeiden. Für bereits existierende australische Patentanmeldungen betrifft dies die Stellung von Prüfungsanträgen sowie Anträge auf Aufschub der Erteilung. Die Einreichung möglicher Teilanmeldungen oder auch die Einleitung von nationalen Phasen aus anhängigen PCT-Anmeldungen und die damit verbundene Stellung von Prüfungsanträgen sollten ebenfalls vor dem 15. April 2013 erfolgen.
Es ist empfehlenswert, geplante neue Patentanmeldungen in Australien, die inhaltlich fertiggestellt sind, noch vor dem 15. April 2013 einzureichen und die Prüfungsanträge für diese Anmeldungen noch vor diesem Datum zu stellen.
Die Anmeldungen, deren Offenbarungsgehalt unzureichend ist oder in denen die spezifische Nützlichkeit („Utility“) ungenügend dargestellt ist, sollten noch vor dem 15. April 2013 überarbeitet werden, so dass in der Beschreibung dieser Patentanmeldungen die spezifische Nützlichkeit klar beschrieben ist und die Patentansprüche von der Beschreibung gestützt sind.
Insgesamt bringt die Änderung des Patentgesetzes in Australien zahlreiche Änderungen mit sich, die die Anforderungen an Patentanmeldungen erhöhen und die Sachprüfung erschweren. Gleichzeitig erfolgt eine Annäherung sowohl an das europäische als auch das US-Patentrecht.
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