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KI für die schnelle Tumor-Diagnose

10.01.2023
Forscher erproben, ob KI allein anhand von Mikroskopie-Bildern einen speziellen Tumortyp mit aggressivem Krankheitsverlauf richtig erkennen kann. Dann könnte die KI für die Diagnose und Therapieplanung schnellere und genauere Informationen liefern.

In der Krebsdiagnostik spielt die mikroskopische Begutachtung von Gewebeproben und Zellabstrichen eine große Rolle. Pathologen unterscheiden hierbei nicht nur gutartige von bösartigen Tumoren, sondern definieren auch Tumorart, -stadium und -fortschreiten. Dies ist die Voraussetzung, um die optimale Therapie auszuwählen. Hierbei kommt die alleinige mikroskopische Untersuchung an ihre Grenzen. Fortschritte erhofft sich Prof. Wolfram Klapper von der digitalen Pathologie. Der Leiter der Sektion Hämatopathologie und Lymphknotenregister am Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, ist Experte für die Diagnose maligner Lymphome, also bösartiger Tumore der Lymphknoten oder des Lymphgewebes. Gemeinsam mit Arbeitsgruppen aus Stuttgart, Würzburg, Göttingen und Regensburg hat der Kieler Pathologe im November das Projekt „Föderiertes Lernen in der Lymphompathologie: Infrastruktur, Modelle, Erweiterungsalgorithmen, Detektion von Hochrisikopatienten (FDLP)“ gestartet.

KI-Diagnose an drei Standorten

Bisher fertigen Pathologen aus Gewebeproben sogenannte histologische Gewebeschnitte an und begutachten diese am Mikroskop. In dem neuen Projekt werden diese Gewebeschnitte an den drei beteiligten Pathologie-Standorten (Kiel, Würzburg, Stuttgart) mit Mikroskop-Scannern als digitale Bilder auf Servern gespeichert. Die Informatik-Arbeitsgruppen in Regensburg und Göttingen nutzen diese Bilddaten sowie die damit verknüpften molekularen Analysen und trainieren damit Programme zur künstlichen Intelligenz (KI). „Eine Besonderheit des Projektes ist, dass die medizinischen Daten den geschützten Raum eines Standortes nicht verlassen“, erklärt Prof. Klapper von der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Beim sogenannten föderierten Lernen können maschinellen Lernalgorithmen mit Daten arbeiten, ohne dass die Daten den Speicherort verlassen müssen. Dadurch wird einerseits die Datensicherheit gewährt und andererseits durch die drei Standorte die Datenmenge erhöht.

Potenzial der KI für die Diagnose

Ziele des Projekts sind zu prüfen, ob mittels KI die richtigen Diagnosen gestellt werden, und ob KI allein anhand der Bilddaten, einen speziellen Tumortyp mit aggressivem Krankheitsverlauf richtig vorhersagt. Konkret geht es um den Nachweis von B-Zell-Lymphomen mit Myc-Translokation, einer speziellen genetischen Veränderung, die mit schlechter Prognose einhergeht. Um diesen Tumortyp nachzuweisen, muss zusätzlich zum mikroskopischen Eindruck die Tumor-DNA untersucht werden. Denn im Gewebeschnitt sehen sich die Lymphome alle sehr ähnlich. Es gibt nur wenig optisch erfassbare Unterschiede.

Perspektivisch geht es darum, künstliche Intelligenz in den Diagnostikprozess einzubinden und damit schnellere und genauere Informationen zur Therapieplanung zur Verfügung stellen zu können. Hierfür können die Forschenden auf ein großes Archiv von Gewebeproben von Lymphomen zurückgreifen, die seit langem in der Sektion Hämatopathologie am UKSH, einem deutschlandweit aktiven, spezialisierten Diagnostikzentrum, gesammelt werden. Wenn sich in dem Projekt bestätigt, dass die digitale Pathologie Fortschritte verspricht, die über die reine Begutachtung am Mikroskop hinausgehen, könnte das der Digitalisierung in der Pathologie Aufwind verschaffen, hofft Klapper.

Bericht Medizinischer Fakultät, CAU vom 10.01.2023