Gezielt mehr Nervenzellen für neue Therapien vermehren können
Dresden. Den „EYEnovative Förderpreis“ der Novartis Pharma GmbH hat in diesem Jahr Dr. Mike O. Karl, Forschungsgruppenleiter des DFG-Forschungszentrums für Regenerative Therapien Dresden – Exzellenzcluster an der TU Dresden (CRTD) und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), erhalten. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 50.000 Euro dotiert und wurde dem Neurowissenschaftler für ein Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit Prof. Edmund Koch, Arbeitsbereich Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus verliehen.
Mit dem „EYEnovative Förderpreis“ werden innovative Projekte zum besseren Verständnis von Erkrankungen der Netzhaut ausgezeichnet, die das Potential haben, den Grundstein für neue Therapien zu legen. Angesichts der bemerkenswerten Qualität der eingegangenen Anträge fiel der unabhängigen und interdisziplinär besetzten Jury die Wahl in diesem Jahr schwer.
„Vor rund zehn Jahren wurde erstmals im Huhn und später im Zebrafisch nachgewiesen, dass die Müller-Gliazellen in der Netzhaut das Potenzial der Regeneration haben und verlorene Nervenzellen in der Netzhaut ersetzen können“, berichtet Dr. Mike Karl. „Interessant ist, dass auch wir Menschen diese Müller-Gliazellen haben. Leider ist derzeit ein Verlust von Nervenzellen bei uns Menschen nicht heilbar. Es kommt nicht zur spontanen Selbstheilung.“
Mit seinem Team ist es dem Neurowissenschaftler gelungen, in der Netzhaut der Maus, welche der menschlichen Netzhaut sehr ähnlich ist, die Regeneration von Nervenzellen zu stimulieren – wenn auch vorerst in einem geringen Maße. Die Kernfrage seiner Arbeitsgruppe ist es zu verstehen, weshalb nur wenige Zellen auf die Stimulation ansprechen, und wie die Anzahl der Regeneration von Nervenzellen aus Müller-Gliazellen zu erhöhen ist. Bei Netzhauterkrankungen des Menschen kommt es zwar auch zur Aktivierung der Zellen, welche aber im Gegensatz zu Huhn und Fisch leider nur zur Schwellung der Netzhaut (Ödem) und verstärkter Narbenbildung – auch Gliose genannt – führt. Diese Gliose kann dann sogar zu einem weiteren Sehverlust führen. Mike O. Karl und Edmund Koch werden nun in dem geförderten Projekt Methoden entwickeln, um das schnelle Wachstum und die Vermehrung von Müller-Gliazellen (proliferative Gliose) sowie die Ödembildung in der erkrankten Netzhaut besser zu erforschen.
Tiefere Einblicke in die Entstehung von Netzhauterkrankungen und deren Regeneration könnten dazu beitragen, den Grundstein für neue Therapieansätze zu entwickeln. Denn rund 30.000 Menschen in Deutschland leiden an Retinitis Pigmentosa und am Usher Syndrom, hunderttausende an der Makuladegeneration und der Glaukomerkrankung. Zu all diesen Erkrankungen gibt es vielfältige Unterformen. Diese Erkrankungen führen zumeist zur Blindheit und es gibt derzeit leider noch keine effektiven Therapien um Nervenzellverlust zu verhindern oder zu ersetzen.