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Neues Messverfahren revolutioniert Neurowissenschaften

15-02-2018
„Wir finden ein Sandkorn in tausend 50-Meter-Schwimmbecken“: Neues Messverfahren revolutioniert Neurowissenschaften.
Analyse-Gerät ermöglicht erstmals genaue Messung des Neurofilaments und bietet neue Chancen für Diagnose und Monitoring neurologischer Erkrankungen

Erstmals können am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden – als einzigem Standort in Ostdeutschland – bereits leichte Hirnschäden durch Blutuntersuchungen auf das Gehirneiweiß Neurofilament nachgewiesen werden. Die Mediziner am Zentrum für klinische Neurowissenschaften der Klinik für Neurologie greifen dazu auf ein „SIMOa“-Analysegerät der Firma Quanterix zurück. Damit könnten zukünftig eventuell Untersuchungen mit einer Magnetresonanztomographie (MRT) eingespart werden. Davon profitieren unter anderem Patienten mit multipler Sklerose (MS) oder einer chronisch-traumatischen Encephalopathie (CTE), einer Erkrankung unter der vor allem Profisportler leiden und die bisher erst nach Eintritt des Todes verlässlich diagnostiziert werden konnte. Die durch den „SIMOa-Analyzer“ möglichen Untersuchungen sind das Ergebnis einer langjährigen Forschungszusammenarbeit des Dresdner Universitätsklinikums mit Kliniken in Boston, Basel, Barcelona, London und San Francisco.

„Der ‚SIMOa-Analyzer‘ gewährt uns erstmals über das Blut indirekte Einblicke in das menschliche Gehirn und bedeutet damit einen Quantensprung für die Behandlung neurologischer Erkrankungen“, beschreibt Prof. Tjalf Ziemssen, Leiter des Zentrums für klinische Neurowissenschaften der Klinik für Neurologie, den medizinischen Fortschritt. „Bisher glichen Blutuntersuchungen auf Neurofilamente, das bei Schäden der Nervenzellen freigesetzt wird,  der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen – aufgrund der geringen Konzentration waren sie nicht durchführbar. Doch mit der uns nun zur Verfügung stehenden Technik könnten wir sogar ein Sandkorn aus tausend 50-Meter-Schwimmbecken herausfiltern“, beschreibt der erfahrene Neurologe die neuen Möglichkeiten seines Fachbereichs. „Die neue Blutuntersuchung ist ein Meilenstein für die Neurologie am Dresdner Universitätsklinikum, von dem unsere Patienten in besonderem Maße profitieren. Nichtinvasive Gehirn-Untersuchungen werden mit ihr zum neuen Standard und schaffen die Möglichkeit einer personalisierten Hochschulmedizin“, betont auch Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Universitätsklinikums.

Forschung mit Patientennutzen

Neurofilamente stellen das Skelett der Nervenzellen dar. Sterben diese aufgrund neurologischer Erkrankungen ab, werden Neurofilamente freigesetzt, die dann im Blut nachgewiesen werden. „Damit können wir bereits in einem sehr frühen Stadium von Erkrankungen Veränderungen in der Neurofilament-Konzentration im Blut feststellen und beispielsweise die Therapie entsprechend anpassen“, erklärt Prof. Ziemssen. „Bisher war dazu noch eine Punktion des Gehirnwassers notwendig, bei der es zu ernsten Komplikationen wie einer Hirnhautentzündung kommen konnte, sodass jeder Einsatz dieser Methode sorgfältig abgewogen wurde. Die Blutuntersuchung hingegen wird zukünftig bei vielen Krankheitsbildern standardmäßig angewendet werden. Damit lassen sich auch die Zahl der für manche Patienten belastenden MRT-Untersuchungen reduzieren.“

Von der 150.000 Euro teuren Technik profitieren aktuell bereits die Patienten des Multiple Sklerose-Zentrums der Klinik für Neurologie. Durch ein enges Monitoring lassen sich rasch Veränderungen der Neurofilament-Konzentration im Blut feststellen und bevorstehende Krankheitsschübe besser einschätzen. Das Messverfahren wird zukünftig vor allem auch jenen Patientengruppen zugutekommen, die als Risikogruppe für eine chronisch-traumatische Encephalopathie (CTE) gelten. Dazu zählen vor allem Profisportler, die im Laufe ihrer Karriere mehrere kleinere Hirntraumata erleiden, die letztlich im Alter zur Ausbildung von CTE, einer neurodegenerativen Erkrankung, führen können. Aus diesem Grund wird die spezielle Blutanalyse zur Überprüfung von Hirnschäden bereits in der National Football League (NFL) im US-amerikanischen Football-Sport eingesetzt, um Spielern mit kritischen Werten Erholungsphasen zu ermöglichen. Im Rahmen des internationalen Austauschs und neuen Forschungsprojekten sollen weitere Therapiemöglichkeiten durch den Einsatz des neuen Messverfahrens erprobt werden.

Kontakt für Journalisten
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik und Poliklinik für Neurologie
Zentrum für klinische Neurowissenschaften
Leitung: Prof. Dr. Tjalf Ziemssen
Tel. 0351/ 4 58 44 65 (Sekretariat)
E-Mail:
www.uniklinikum-dresden.de

Die Deutschen Universitätsklinika
sind führend in der Therapie komplexer, besonders schwerer oder seltener Erkrankungen. Die 33 Einrichtungen spielen jedoch als Krankenhäuser der Supra-Maximalversorgung nicht nur in diesen Bereichen eine bundesweit tragende Rolle. Die Hochschulmedizin ist gerade dort besonders stark, wo andere Krankenhäuser nicht mehr handeln können: Sie verbindet auf einzigartige Weise Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Die Uniklinika setzen federführend die neuesten medizinischen Innovationen um und bilden die Ärzte von morgen aus. Damit sind "Die Deutschen Universitätsklinika" ein unersetzbarer Impulsgeber im deutschen Gesundheitswesen. Der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) macht diese besondere Rolle der Hochschulmedizin sichtbar. Mehr Informationen unter: www.uniklinika.de

Spitzenmedizin für Dresden: Uniklinikum weiterhin ganz vorn in deutschem Krankenhaus-Ranking
Deutschlands größter, im Oktober 2016 zum fünften Mal erschienener Krankenhausvergleich des Nachrichtenmagazins „Focus“ bescheinigt dem Universitätsklinikum Carl Gustav Dresden (UKD) eine hervorragende Behandlungsqualität. Die Dresdner Hochschulmedizin erreichte Platz drei im deutschlandweiten Ranking. Dies ist ein weiterer Beleg für die überdurchschnittliche Qualität der 21 Kliniken des UKD. Gesundheitsexperten sowie insgesamt 15.000 Ärzte hatten Kliniken aus ganz Deutschland beurteilt.

19 Fachbereiche wurden beim Focus-Vergleich bewertet. Dabei schaffte es das Uniklinikum mit elf Klinken in die Spitzengruppe – der Gruppe, in der sich die Gesamtbewertung der Klinik deutlich von den restlichen Einrichtungen abhebt. Das Dresdner Uniklinikum bekam vor allem Top-Noten für die Therapie von Darm- und Prostatakrebs in den Kliniken für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, der Medizinischen Klinik I beziehungsweise Urologie. Zur Kategorie „Spitzengruppe“ gehört bei der Behandlung von Krebserkrankungen darüber hinaus die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie. Neu hinzugekommen ist das positive Ranking in der Behandlung von Brustkrebs durch die Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Auch auf dem Gebiet der seelischen Erkrankungen ist das Uniklinikum stark aufgestellt: Top-Noten erhielt die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie für die Behandlung von Depressionen und die Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik für die Therapie von Angststörungen. Außerdem in den Spitzengruppen vertreten: Die Klinik für Neurologie für die Behandlung von Multipler Sklerose und Parkinson, das UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie für seine Expertise in der Endoprothetik und die Medizinische Klinik III für die Behandlung von Diabetes.

Quelle: Medieninformation des Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden vom 15. Februar 2018