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„bionection meets Artificial Intelligence“ in der BIOCITY Leipzig

13.05.2022
Das große Potenzial von künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen für die Lebenswissenschaften – von der biologischen Grundlagenforschung bis zur medizinischen Anwendung – ist bislang weitgehend ungenutzt. Um hier die Zukunftschancen für Unternehmen greifbarer zu machen und die notwendigen Schritte zur Hebung dieser Potentiale aufzuzeigen, organisierte der LifeScience-Verband biosaxony im Auftrag der Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig am 13. Mai 2022 in der BIO CITY die Veranstaltung „bionection meets Artificial Intelligence“.

Der technische Fortschritt ermöglicht es, in den Lebenswissenschaften und in der Medizin immer detailliertere und größere Datensätze zu erzeugen. Doch aus diesen Daten neues Wissen zu generieren, ist für Wissenschaftler oft ein noch ungelöstes Problem: Daten aus der molekularen Diagnostik sind heterogen, und die medizinisch wichtigen Signale sind oft nur schwer zu entdecken. In der medizinischen Bildgebung sind oft sehr subtile Feinheiten für die Beurteilung entscheidend, und regelmäßig fehlt es an strukturierten Datensätzen mit vollständiger medizinischer Annotation, die notwendig ist, um die Algorithmen zu trainieren. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass auch mit neuen Analyseverfahren der Schutz der Privatsphäre von Patienten oder Studienteilnehmern gewahrt ist.

Gast der Veranstaltung war auch Staatsminister Oliver Schenk, Chef der Sächsischen Staatskanzlei. Ihm ist die Verknüpfung der unterschiedlichen Disziplinen –der Informations- und Kommunikationstechnologie (ITK) sowie der Lebenswissenschaften– ein wichtiges Anliegen:

„Der Freistaat Sachsen sieht in diesen beiden Technologiefeldern großes Zukunftspotential, da diese für fast alle anderen Industriezweige eine besondere Bedeutung haben. Ich freue mich, dass unsere Förderpolitik für diese Schlüsselindustrien hier in Leipzig ein innovatives Ökosystem für den erfolgreichen Transfer von KI-Lösungen aus der Wissenschaft in die Wirtschaft geschaffen hat“.

Auch Clemens Schülke, Amtsleiter der Leipziger Wirtschaftsförderung und damit Initiator der Veranstaltung sieht hier große Chancen für die Wissenschaft und Wirtschaft in Leipzig: „Der digitale Wandel in der Medizin treibt innovative Start-ups und IT-Unternehmen an, neue Services und Produkte für die Patientenversorgung am Standort Leipzig zu entwickeln, zu evaluieren und zu vertreiben. Darum stärken wir die Forschungs- und Transferlandschaft in den beiden Welten Medizin und Informationstechnologie und schaffen ein Ökosystem für Versorgungsinnovationen“.

Um die Möglichkeiten, die in der Verbindung beider Disziplinen ruhen, und die bereits vorhandenen Puzzleteile sichtbar zu machen, wurden aktuell laufende Kooperationen zwischen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen vorgestellt. So nutzt DOCYET, ein führender Hersteller von digitalen Plattformlösungen für die Versorgung aus Leipzig bereits jetzt Künstliche Intelligenz (KI) zur Unterstützung von Krankenkassen. Mit dem Symptomcheck einer Anwendung aus dem Ökosystem von DOCYET, konnte eine europaweite Ausschreibung der AOK PLUS gewonnen und bereits erfolgreich in deren Gesundheitsapp implementiert werden.

Etwas mehr Zukunftsmusik ist aus den Reihen der Wissenschaftler zu hören. Hier gibt es in Leipzig derzeit zwei besonders wegweisende Zukunftsprojekte. Dazu gehört das Zukunftscluster „SaxoCell“, einer Kooperation zwischen dem Leipziger Fraunhofer Institut für Zelltherapie und Immunologie, der Universität Leipzig, der Technischen Universität Dresden und dem Klinikum Chemnitz. Hier soll Künstliche Intelligenz eingesetzt werden, um innovative neue Zell- und Gentherapeutika sowie effizientere Verfahren zu deren Herstellung und Testung zu entwickeln.

Das bedeutendste Innovationsnetzwerk an der Schnittstelle zwischen Medizin und Informatik wurde jedoch durch verschiedene Forscher der Universität Leipzig vorgestellt. Vor nur zwei Wochen wurde hier die Konzeption für ein neuartiges Großforschungszentrum „Center for Medicine Innovation“ (CMI) fertiggestellt und an das Bundesforschungsministerium übermittelt. Der Hauptanteil der hier zu bearbeitenden Forschungsthemen besitzt eine unmittelbare Anknüpfung an das Thema Künstliche Intelligenz. Da das CMI mit der Schaffung von bis zu 9.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen in regionalen Unternehmen neben den 1.500 Wissenschaftlern im Zentrum selbst rechnet, lässt sich der wirtschaftliche Mehrwert eines eigentlich abstrakten Themas wie der Künstlichen Intelligenz schnell greifen.

Professor Thomas Neumuth vom ICCAS und einer der Ideengeber und Antragsteller im CMI-Konsortium erklärt die Idee des Großforschungszentrums wie folgt: „Eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts ist es, eine für alle Menschen zugängliche, personalisierte, bezahlbare und gerechte Medizin zu ermöglichen. Unter dem Motto "Von den Menschen der Region, mit den Menschen der Region, für die Menschen der Region" leitet das CMI einen grundlegenden Wandel in der Gesundheitsversorgung ein: von der rein kurativen Medizin hin zu präventiver Medizin, von zentralisierter zu ortsunabhängiger Versorgung und von einem „one-fits-all“-Ansatz hin zu personalisierten Therapien. Konvergenz ist die Zukunft der Gesundheitsversorgung, das bedeutet, die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Medizin und Lebenswissenschaften, Mathematik, Physik, Chemie, Ingenieurwissenschaften und Informationstechnologie wird eine enorme soziale und ökonomische Wirkung auf alle Bereiche der Gesellschaft entfalten“.

Innerhalb weniger Stunden konnten die 78 Anwesenden sich somit nicht nur einen Überblick über die Nutzungsoptionen Künstlicher Intelligenz in Medizin, Biotechnologie und Pharmakologie verschaffen, sondern bekamen auch einen Eindruck von den möglichen wirtschaftlichen Effekten für die Region Westsachsen.