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Stoffwechsel prägt Leben

16-04-2025
Neue Forschungsergebnisse aus Dresden und Barcelona zeigen, dass der Zuckerstoffwechsel in Zellen nicht nur Energie liefert, sondern auch eine zentrale Rolle bei der Steuerung früher embryonaler Entwicklungsprozesse spielt. Forscherinnen und Forscher am Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden und am EMBL in Barcelona haben unabhängig voneinander entdeckt, dass die so genannte Glykolyse - die Umwandlung von Zucker in Energie - mit darüber entscheidet, welche Gewebetypen sich im frühen Embryo ausbilden.

In stammzellbasierten Embryo-Modellen der Maus konnten sie zeigen, dass ein aktiver Zuckerstoffwechsel notwendig ist, damit sich Zellen korrekt in Mesoderm und Endoderm entwickeln, also in jene Keimblätter, aus denen später Knochen, Muskeln, Blut und innere Organe wie Leber oder Lunge entstehen. Wurde die Glykolyse blockiert, entschieden sich die Zellen stattdessen häufig für das Ektoderm, aus dem das Nervensystem hervorgeht. Besonders überraschend: Auch ohne Energiegewinnung durch Glykolyse konnten die Forscherinnen und Forscher durch gezielte Aktivierung von Signalwegen wie Wnt, Nodal und Fgf den ursprünglichen Entwicklungsweg wiederherstellen. Damit lässt sich die Rolle der Glykolyse als Regulator von Signalprozessen klar von ihrer bioenergetischen Funktion trennen. In einem zweiten Forschungsstrang untersuchten die Teams, warum embryonale Stammzellmodelle oft unterschiedlich entwickelt sind, obwohl sie unter gleichen Bedingungen wachsen. Mit Hilfe von maschinellem Lernen und Bildanalysen konnten sie zeigen, dass frühe Unterschiede im Zellstoffwechsel entscheidend dafür sind, ob sich ein Modell embryotypisch entwickelt oder nicht. Modelle mit aktiver Glykolyse ähnelten eher einem natürlichen Embryo als solche, in denen oxidative Prozesse dominierten. Die Möglichkeit, die Entwicklung und Vorhersagbarkeit dieser Modelle durch gezielte Stoffwechselsteuerung zu verbessern, eröffnet neue Perspektiven für die biomedizinische Forschung, insbesondere für krankheitsbezogene Zellmodelle oder toxikologische Studien. Beide Studien markieren einen Paradigmenwechsel in der Entwicklungsbiologie, indem sie zeigen, dass Stoffwechselprozesse nicht nur die Grundlage des Lebens sind, sondern auch die treibende Kraft für zelluläre Entscheidungen und die Strukturierung des Embryos.

Pressemitteilung des "idw - Informationsdienst Wissenschaft" vom 16.04.2025