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Digitales Lasermikroskop eröffnet neue Diagnosemöglichkeiten – Dr. Katrin Philipp erhält den Bertha-Benz-Preis 2020

09.07.2020
Für ihre Dissertation „Investigation of aberration correction and axial scanning in microscopy employing adaptive lenses“ zeichnet die Daimler und Benz Stiftung Dr. Katrin Philipp von der TU Dresden mit dem Bertha-Benz-Preis 2020 aus. Der Ingenieurin gelang es, ein digitales Lasermikroskop zu entwickeln, das insbesondere bei der Untersuchung tieferliegender Gewebeschichten – etwa bei Veränderungen in der Schilddrüse – völlig neuartige Diagnosemöglichkeiten eröffnet. Das von ihr entwickelte und gebaute Mikroskop stellt einen Paradigmenwechsel in der Biomedizin dar.

Bislang gelangten viele optische Verfahren bei tiefen Gewebeuntersuchungen an ihre Grenzen, da Abbildungsfehler die Bildqualität erheblich beeinträchtigten. An der Professur für Mess- und Sensortechnik realisierte Katrin Philipp mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ein neuartiges Mikroskop. Dabei nutzte sie eine adaptive Linse, die an der Universität Freiburg von der Professur für Mikroaktorik entwickelt wurde. Erstmals können hochauflösende Bilder in tiefen Gewebeschichten mit einer minimalistischen adaptiven Optik erfasst werden, wodurch ein kompakter und einfach bedienbarer Aufbau ermöglicht wird. Damit wird auch eine Demokratisierung von computerbasierten Lasermikroskopen anvisiert. „Mit dieser Technologie könnten in Zukunft neuartige bildgebende medizinische Verfahren entstehen, die zum einen eine schnellere, einfachere und kostengünstigere Diagnostik ermöglichen, zum anderen entfällt die aufwendige chemische oder mechanische Präparation der untersuchten Proben“, so Philipp.

Mit dem neuartigen Mikroskop gelang es ihr, Fluoreszenzaufnahmen aus den Schilddrüsen von Zebrabärblings-Embryonen aus dem Helmholtz-Zentrum Leipzig vorzunehmen, ohne dass die Tiere getötet werden mussten. Da diese Fischart ein weitverbreitetes Modellsystem für die Entwicklung und die Anlagerung schädlicher Umweltgifte in der Schilddrüse auch beim Menschen darstellt, bietet das „smarte Mikroskop“ einen entscheidenden Vorteil: Im Gegensatz zum bisherigen methodischen „Goldstandard“ der aufwändigen Probenpräparation und anschließenden Zerlegung der Tiere in dünne Scheibchen (englisch „slicing“), kann die Messung an einem lebenden Organismus unter Betäubung erfolgen und so prinzipiell die zeitliche Entwicklung an derselben Probe nachverfolgt werden. Dies ermöglicht eine genauere Untersuchung, wie sich Umweltgifte auf die Entwicklung eines Organismus auswirken.

Das neue Verfahren beruht auf einer sowohl theoretisch als auch experimentell ausgesprochen anspruchsvollen Forschungsarbeit. Es wurde ein international sichtbarer Fortschritt für die Lasermikroskopie erreicht, der eine besondere ingenieurwissenschaftliche Leistung an der Schnittstelle von Biologie, Mikrosystemtechnik und Messtechnik darstellt. Die Ergebnisse wurden 2019 in der Zeitschrift Scientific Reports veröffentlicht (Scientific Reports, vol. 9, p. 9532, 2019, https://rdcu.be/b44YL). Die preiswürdige Forschungsarbeit wurde an der Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik der Technischen Universität Dresden eingereicht und mit „summa cum laude“ bewertet.

Nähere Informationen zu der Person und der Forschungsarbeit von Dr. Katrin Philipp im filmischen Kurzporträt: www.youtube.com/watch?v=CeiZBp5nth8

Professur für Mess- und Sensorsystemtechnik (Prof. Jürgen Czarske) der TU Dresden:

https://tu-dresden.de/ing/elektrotechnik/iee/mst

Der Bertha-Benz-Preis

Um die öffentliche Aufmerksamkeit für die Leistungen von Frauen in den Ingenieurwissenschaften zu erhöhen, zeichnet die Daimler und Benz Stiftung seit 2009 jährlich eine Ingenieurin, die in Deutschland eine herausragende Promotion abgeschlossen hat, mit dem Bertha-Benz-Preis aus. Bertha Benz glaubte nicht nur gemeinsam mit ihrem Ehemann an seine Vision vom „pferdelosen Wagen“, sondern war ihm – dies ist heute kaum noch bekannt – auch in technischen Fragen eine Ansprechpartnerin auf Augenhöhe. In Anerkennung dieser Persönlichkeit und ihrer visionären Leistung vergibt die Stiftung den mit 10.000 Euro dotierten Bertha-Benz-Preis. Die Stiftung möchte junge Ingenieurinnen durch den Preis in ihrer Berufswahl bestärken. Der Bertha-Benz-Preis 2020 wird aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie erstmals nicht öffentlich verliehen.

Daimler und Benz Stiftung

Die Daimler und Benz Stiftung fördert Wissenschaft und Forschung. Dazu richtet sie innovative und interdisziplinäre Forschungsformate ein. Ein besonderes Augenmerk legt die Stiftung durch ein Stipendienprogramm für Postdoktoranden sowie die Vergabe des Bertha-Benz-Preises auf die Förderung junger Wissenschaftler. Mehrere Vortragsreihen sollen die öffentliche Sichtbarkeit der Wissenschaft stärken und deren Bedeutung für unsere Gesellschaft betonen.

Quelle: Pressemitteilung der TU Dresden vom 09.07.2020